Seerosennacht by Daphne Unruh

Seerosennacht by Daphne Unruh

Autor:Daphne Unruh [Unruh, Daphne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 2014-08-29T22:00:00+00:00


***

Irgendwann schlief ich endlich ein, und zwar so tief und fest, dass ich erst am frühen Nachmittag aufwachte und meine zwei Seminare längst vorbei waren. Kim hatte mich diesmal nicht geweckt. Stattdessen empfing sie mich in der Wohnstube mit einem Gesicht aus Beton.

»Guten Morgen, Grete«, sagte sie ironisch und setzte hinzu: »Du hast einen Termin beim Rat in drei Stunden.«

Okay, nun folgte also die Strafe für meine nächtliche Rumtreiberei. Immerhin hatte ich nicht durchgesoffen oder Drogen genommen, sondern ein paar wesentliche Dinge herausgefunden. Und warum sollte mich der Rat dafür eigentlich löschen? Sie bekamen die Infos und ließen mich dafür an der Akademie. Nach dem Aufwachen heute war mir so ein Handel ganz einfach vorgekommen.

»Gut, ist mir recht«, antwortete ich. Ein Anflug von Verwunderung huschte über Kims Gesicht, den sie jedoch schnell wieder unterdrückte.

»Sei bitte pünktlich.« Sie erhob sich. Der Tisch war leer. Hin und wieder stellte sie mir ein Frühstücksgedeck hin, aber heute war schließlich bald Kaffeezeit.

»Ist Leo auch eingeladen?«, fragte ich, nur um sie zu reizen. Einfach, weil es mich nervte, dass sie sich so eisig gab.

»Mit Leo hat diese Einladung nichts zu tun.«

Hm, stimmte das? Wenn ja, sollte mir das Sorgen machen. Kim schien dann nämlich nicht zu glauben, dass ich die halbe Nacht bei ihm abhing. Hatten sie irgendwas über meine Aktivitäten herausgefunden? Oder hatte Leo den Rat doch aufgesucht? Stopp, ich sollte jetzt keine Spekulationen wie eine Lawine in mein Gemüt stürzen lassen, sondern einen kühlen Kopf bewahren!

»Ansonsten, wenn du mich aufziehen möchtest, dann überlege dir besser ein anderes Thema als Leo. Ich glaube, das hat einfach nicht die Wirkung, die du dir wünschst. Außerdem gibt es so viele Dinge im Leben, die viel mehr Spaß machen, als Schwachpunkte bei anderen ausfindig zu machen und darin herumzustochern. Nur mal so als Tipp.«

Ich starrte Kim an wie vom Donner gerührt. Ihre Worte saßen. Gleichzeitig sah ich zum ersten Mal eine große Verletzlichkeit in ihren Augen. Würde sie gleich weinen? Kim? Himmel, ja, ich hatte an ihr rumgepikt, aber … eigentlich wollte ich sie überhaupt nicht verletzen. Sie war nur so …!

»Ich … Mann … Du bist oft wie Eis, Kim. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit dir umgehen soll! Und deshalb … JA! Ich hätte nicht verschlafen dürfen. Aber es ist nicht so, wie du denkst. Es ist … Vielleicht ist es gut, mit dem Rat zu reden!«

Ich ließ mich aufs Sofa fallen und raufte mir die Haare. Heiliger Psychoterror, Kim hatte ein zum Platzen volles Fass in mir angestochen!

»Ich dachte eigentlich, du bist aus Eis«, donnerte sie, klang dabei verletzt und biss sich sogleich auf die Lippen. Na toll, ich war also aus Eis. Es gab mir einen bösen Stich. Am liebsten wollte ich jetzt einfach nur raus aus der Situation und uns beide schonen.

»Ach, vergiss, was ich gesagt habe. Vergiss es einfach. Du bist ein Ratsmitglied und ich eine Studentin, die sich nicht benehmen kann. Es tut mir leid. Bis nachher um fünf.«

Ich eilte zur Tür, ohne sie noch einmal anzusehen, flüchtete aus dem Haus und lief ziellos in den Wald hinein, immer geradeaus, einfach nur laufen und nicht denken.



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